erblindet

Mit “erblindet” wollten wir (Videokünstler Oscar Loeser, Regisseur für Tanz und Medien Pipo Tafel und Designer & Architekt Taro Gragnato) eine Solo-Bühnenarbeit für ein (nicht) sehendes wie ein (nicht) hörendes Publikum aller Altersgruppen entwickeln. Grundlage ist die Auseinandersetzung mit Blindheit und Augenerkrankungen, die zu Sehbeeinträchtigungen führen - wie Makula Degenration oder Säureverletzungen - als Ausgangspunkt für eine Theaterarbeit. Förderzusagen für die Produktion gab es 2022 nicht, das Projekt wurde noch nicht realisiert.

KONZEPT | PROJEKTIDEE

1978 wurde Huges de Montalembert, ein französischer Filmemacher und Maler, der in New York City lebte, auf dem Rückweg zu seiner Wohnung von zwei Männern überfallen. Während des Kampfes wurde ihm von einem der Angreifer Farbverdünner in die Augen geschleudert, wodurch er Narben davontrug und für den Rest seines Lebens erblindete. Für viele wäre die Geschichte an dieser Stelle zu Ende gewesen. Für de Montalembert war es, achtzehn Monate nach seiner Erblindung, der Anfang, die Welt zu bereisen - allein - und seine Autobiografie zu schreiben.

Die Aufgabe der Kunst ist es, die Gesellschaft durch Inspiration, Provokation, Darstellung und Bildung in die Zukunft zu führen. Nur die Kunst kann die universelle Sprache der gesamten Menschheit sprechen und jeden einzelnen Menschen erreichen.

Das Projekt würde darstellende und bildende Künstler:Innen für eine Stückentwicklung zusammenbringen mit dem Ziel ist, eine für sehendes und sehgeschädigte Publikum gleichsam zugängliche Theaterarbeit zu realisieren. Dafür kommen performative, Hör-/Musik- und visuelle (Video) Elemente als gleichwertige Ausdruckselemente zusammen.

Wir erzählen mit der zu entwickelnden Performance von der Hoffnung, die uns in den dunkelsten Stunden das Licht gibt, nach vorne zu blicken und am Leben zu bleiben.

Elemente der Inszenierung

LOOPSTATION. Ein Computer mit live Software, eine Kamera, dazu ein Beamer und Overheadprojektor. Das zusammen mit einer Sammlung der unterschiedlichsten Objekte ergibt bewegte Fotogramme. Video-Projektionen, die vom Tanz-Videokünstler Oscar Loeser live performt werden. Die Eigenentwicklung entstand aus dem Bedürfnis heraus, mit den Händen (ohne Maus oder Touchscreen) und dem Computer auf eine Art spielerisch analoge Elemente in Echtzeit als Filmprojektionen herzustellen. Das Workshop VIDEOMOVEMENTPOETRY mit der Loopstation mit Videobeispielen, anhand derer man die Funktionsweise sehen kann, findet sich hier.

Die, mit echten Gegenständen, in Echtzeit - vor den Augen des Publikums - hergestellte LOOPSTATION-Projektion steht für eine Poesie des Unbekannten der zu Leben erweckten Alltagsdinge. Deren Magie besitzt die Kraft, die entlegensten Regionen unserer Vorstellungskraft zu aktivieren. Es handelt sich um Mischung von Videobühnenbild, live Performance und erinnert an eine zeitgenössische Version und Weiterentwicklung abstrakter Avantgarde Filme von Hans Richter und Fernand Léger, in der die Objekte zum Leben erweckt wurden - Protagonisten einer Welt der Dinge.

Die visuellen Dramaturgie folgt der Erzählung der Autobiografie von Hugues de Montalembert (SchauspielerIn), positiver Verlauf der Kontaktaufnahme mit Verlag und Autor vorausgesetzt. Alternativ gibt es die Möglichkeit einer Entwicklung der narrativen Ebene mit poetischen Elementen. Zur Sprachebene kommt eine musikalische Ebene. Es gibt bereits mehrere potenzielle Komponisten und MusikerInnen, die im elektronischen, Jazz- und Klassikbereich arbeiten. Je nach Instrumentierung ist die Ergänzung der Bühnenperformance mit live Musik möglich.

WEITERE INFOS

Das Projekt wurde bei einer Förderung eingereicht und nicht für eine Förderung ausgewählt. Sollte es eine Frage und Interesse an einem Austausch geben, oder eine Zusammenarbeit, gerne hier bei mir melden. Die Arbeit an dem Projekt ruht aktuell.

KONTEXT

Seheinschränkungen und Blindheit sind eine weitere Option unendlicher Möglichkeiten, Mensch zu sein. Die Auseinandersetzung mit Blindheit und auch Augenerkrankungen, die zu Sehbeeinträchtigungen führen - wie Makula Degenration oder Säureverletzungen - als Ausgangspunkt für eine Theaterarbeit mit Literatur, Schauspiel und Live-Projektion zu nehmen, entspricht meiner Arbeitsweise, über Disziplinen und Sparten hinweg zu arbeiten. Crossmedial. Für fast jedes (künstlerische) Projekt ergibt sich in der Regel ein eigener Zugang, früher oder später, im Lauf des Projekts.

Mit der Frage nach der Relevanz einer neuen Bühnenarbeit habe ich mich intensiv auseinandergesetzt. Welchen Beitrag kann ich als crossmedialer und darstellender Künstler leisten? Darstellende Kunst erzählt vom Leben und hat die Funktion, der Gesellschaft Möglichkeiten sowie Probleme aufzuzeigen. Sie stellt schwierige Fragen, hält Ideale hoch. Sie vereint verschiedene Völker durch eine universelle Sprache, lehrt zukünftige Generationen die Lehren der Geschichte, bekräftigt ethische Standards und stellt Vermutungen infrage.

Mit “erblindet” wäre das Vorhaben, an einer Solo-Bühnenarbeit zu arbeiten, die das Thema möglichst vielen unterschiedlichen Menschen in verschiedenen Kontexten zugänglich macht. Die Arbeit richtet sich dabei gleichermaßen an ein (nicht) sehendes wie ein (nicht) hörendes Publikum aller Altersgruppen. Ein breites Publikum durch Mittel wie Untertitel und Narration so gut es geht zu integriert, bringt die Kunst einem breiteren und neuen Publikum nah, die weniger Berührungspunkte mit den darstellenden Künsten haben.

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