Salz im Auge

2006 - 2009
Konzept, Produzent, Tänzer, Filmschnitt

Premiere: Filmforum NRW Köln, 25.6.2009

2006 - 2009    Premiere: Filmforum NRW Köln 25.6.2009
Konzept, Produzent, Tänzer, Filmschnitt

Ein Tanzfilm, ein dokumentarischer Film, eine Liebesgeschichte, die in der legendären Hafenstadt Marseille spielt, vor dem Hintergrund, daß das Zentrum der Stadt luxussaniert wird. Die Bewohner, die seit Generationen am alten Hafen leben, müssen einer zahlungskräftigen Klientel weichen.

Ein Junge verlässt die Banlieue von Marseille. Er will zum Meer und rennt gegen Beton an. Das Meer ist ausgesperrt, der Stadtkörper übersät mit Baustellen. Ein Mädchen wacht auf. Sie sieht, dass die Stadt ihre Seele verliert. Sie beobachtet den Jungen, der das Meer nicht finden kann. Als der Mistral mit Wucht durch die ausgeweidete Stadt wirbelt, treiben die Beiden aufeinander zu.

Mithilfe konzentrierter Choreografien und einer sehr bewussten Filmsprache (Kameramann Mauch arbeitete u.a. mit Herzog und Schroeter) beginnt die Stadt zu klingen und das Bild zu tanzen. Ein Dokument über Sound und Raumgefühl an Originalschauplätzen und ein visuelles Liebesgedicht in Bewegung. Zeitgenössischer Tanz als Instrument der Stadterforschung und als Medium für eine Erzählung.

Länge: 26 Minuten

Als Tänzer, mit dem D.A.N.C.E. Programm, lebte ich 2005 / 06 ein Jahr in Marseille. Ich wohnte am Anfang im Vieux Panier, das alte Viertel oberhalb des Hafens, wo gerade der Bau von "Euroméditerrannée" im Gange war. Der Autor und Regisseur Thomas Crecelius kannte die Stadt aus anderen Zeiten, er hatte dort viele Jahre früher bereits für ein Hörspiel Aufnahmen mit mit Fremdenlegionären gemacht (die Arbeit ist nicht online verfügbar. "Die Reise nach Dallas“: seine Radio-Doku für den RIAS von 1984, hat der Deutschlandfunk hier online).

Crecelius sagte, wie sehr sich die Stadt veränderte: viele der Menschen, die früher im Kern der Stadt wohnten, werden nun aus dem Zentrum vertrieben wurden. Das Projekt, anfangs unter dem Titel "Express Oriental" schwebte ihm als eIn dokumentarischer Tanzfilm in einer ausgeweideten Stadt vor. Darauf basierend entwickelten wir gemeinsam ein Treatment und gründeten eine Produktionsfirma, um dieses Videostück zu machen, mit den Protagonisten: COCO, LUC und Marseille, eine der ältesten Hafenstädte am Mittelmeer.

Aus dem Treatment des Films:

MARSEILLE wird von internationalen Immobilienkonzernen ausgeweidet, hochgerüstet. Das Meer wird zugebaut. Aber Marseille - „le bordel marseillais“, wie die Bewohner sagen – will wieder das Meer erreichen: Ein wahre Geschichte, der wir ins Herz sehen werden.

Mich beschäftigte damals, die Sicht auf die Dinge zu verändern, indem mit der Kamera eine weitere Kognitionsebene betreten wird. Die Kamera, die sich vom abbildenden Medium zum eigenen Auge wandelt, als wäre sie ein Auge Marseilles. Kann diese Kamera mit ihrem Blick, mit ihrem darstellerischen Potenzial die gleichen Emotionen ausdrücken wie der Akteur, der Tänzer? Einsamkeit? Sehnsucht? Können die Bilder, die dieser Apparat produziert, Gefühle erzeugen?

Die Bewegungsrecherche in diesem Projekt beschäftigte sich mit der Frage, wann Bewegung zu Tanz wird. Kann Alltagsbewegung Tanz sein? Rhythmik als ein zentrales Thema dieses Projekts, sei es bei Tanz, Kamera, Schnitt oder Ton – ein wichtiger, oft unterschätzter Akteur beim Film. Die O-Töne, die spezifischen Geräusche und Klänge der Stadt Marseille und des Mistrals wurden rhythmisch-kompositorisch vom Floiran Zwissler zu einem akustischen Dialog mit dem Bildmaterial montiert: Alltagsgeräusche, die zur Musik werden. Nele Schinz erweiterte die Tonstrecke dafür zusätzlich als Sounddesignerin.

Das Projekt wurde innerhalb von zwei Wochen Drehzeit als eine „site-specifique performance“, auf Video gebannt, danach durch Montage und Toncollagen verdichtet. Meistens haben wir uns wie ein SWAT-TEAM ins Geschehen gestürzt: rein und weg. „Video“ hat uns hier Spontanität und individuellen Spielraum ermöglicht. Der Dreh wurde zur Performance selbst, fast „direct cinema“, aber akribisch vorbereitet - mit Drehbuch, räumlich visuellem Konzept und viel choreografischem Repertoire in der Jackentasche.

Ein Tanzfilm, ein Dokumentarfilm? Oder beides? Physische Erscheinungen, Körper, Räume, Bewegung, Bilder und Beziehungen von Menschen zu einer Stadt. Ein musikalisch physischer Film.

Es ist dem gesamten Team zu verdanken, dass dieser Film gemacht werden konnte. Die Fördergelder deckten die Sach- und Reisekosten, keine Honorare. Ebenso gilt unser Dank Thierry De Mey & Frieder Schlaich, die uns die beiden Kameras für den Dreh zur Verfügung stellten. Es gab weitere Studios und Einzelpersonen, die die Produktion großzügig unterstützt haben, zu Selbstkostenpreisen, teils ganz umsonst, bzw. zu stark reduzierten Konditionen (Alastair Owen, Les Polygone Étoilées Marseille, edelbytes Berlin, Das Werk, Charleroi Danses, dieBASISBERLIN,...).

Multimedia

Video
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Anfang Tanzszene Luc auf Beton

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Film (26 Minuten)

Team

TANZ MARA TSIRONI UND PIPO TAFEL | NACH EINER IDEE VON THOMAS CRECELIUS | REGIE THOMAS CRECELIUS | KAMERA THOMAS MAUCH | TON MARC APRUZZESE | KOSTÜM MARA TSIRONI | MONTAGE PIPO TAFEL MIT MARA TRISONI | KOMPOSITION FLORIAN ZWISSLER | SOUND DESIGN NELE SCHINZ | PRODUKTIONSASSISTENZ PAULO GUERREIRO | AUFNAHMELEITUNG MELANIE DIETER | DREHVORBEREITUNGEN SENTA PINEAU | PHOTOGRAPHIE / LOCATIONRECHERCHE PAUL SCHÖPFER | CATERING ERNEST ZWICK | POSTPRODUCTION ALASTAIR OWEN | GRAFIK BENJAMIN TAFEL | LINE PRODUCER PIPO TAFEL | ORGANISATION POSTPRODUKTION THOMAS CRECELIUS | PRODUKTIONSLEITUNG JANUSCHKA LENK | FILMGESCHÄFTSFÜHRUNG LIES SCHUMANDL

Produktion

Creta GbR

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Location

Vorproduktion: Berlin, Marseille, Hamburg
Dreh: Marseille
Postproduktion: Marseille, Essen, Berlin

Premiere

25.6.2009 Filmforum NRW Köln

Vorführkopie

HDCAM, Dolby E Surround 5.1

Gefördert von

FILMSTIFTUNG NRW Kurzfilmförderung, BKM Beauftragte des Bundesregierung für Medien Kurzfilmförderung, KUNSTSTIFTUNG NRW Förderung Tanz, DAAD Deutscher Akademischer Austauschdienst Frankreich Stipendien

Unterstützung der Postproduktion / Support of the postproduction by:
edelbytes | BASIS BERLIN | pictorion das werk

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Auszeichnung

mit dem “Prädikat wertvoll” von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden: „…eine filmische Symphonie über Marseille und seinen Hafen…“

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