Gewaltfreie Sprache & Mental Health bei der Zusammenarbeit im tänzerischen Kontext
KONZEPT | PROJEKTIDEE
Sprache ist ein machtvolles Instrument, die (Umberto Eco) totalitär verwendet werden kann oder gewaltfrei (Marshall B. Rosenberg). Als Tänzer*in ist man zugleich Schöpfer und Schöpfung. Durch Sprache (beim Training, beim Arbeiten miteinander) bestehen oft Situationen, in denen anstatt nur der Tanz (s. "die Sache" bei der Harvard-Verhandlungsmethode) schnell der ganze Mensch beurteilt oder als verantwortlich benannt wird, während es eigentlich um die tänzerische Ausführung geht.
Der Beruf Tänzer*in bringt mit sich, dass man Schöpfer und Schöpfung zugleich ist. Wenn es um die Ausführung von Schritten, Bewegungsabläufen oder Improvisationen geht, kommt man schnell durcheinander: Im Training heißt es beispielsweise - “Streck deine Füße”. Oder “Versuche, an der Stelle weniger schnell anzufangen.”
Die verwendete Sprache suggeriert, dass man all diese Dinge unter Kontrolle hat, die oft zugleich passieren, und von denen viele Jahre und tausendfache Wiederholung brauchen, bis sie automatisiert und gewünscht ablaufen (zum Beispiel eine fünffache Pirouette, die immer mit einer sicheren Landung und kontrolliert an der Stelle in der Position endet, die man dafür vorgesehen hat).
Die Sprache unterscheidet viel seltener als es möglich wäre zwischen Ursache, Ursächlichem und Verursacher. Das Phänomen ist chronisch kranken Patienten aus ärztlichen Visiten bekannt ("was haben Sie gemacht (, dass es Ihnen so geht)?").
Die Problematik, die Sprache im täglichen Umgang mit sich bringt, taucht in der andauernden Debatte zu (Vorwürfen von) Missbrauch in Tanzausbildung und -produktion (Staatliche Ballettschule Berlin, Jan Fabre etc.) bisher (wie ich es wahrnehme) so nicht auf.
Verschiedene, etablierte Kommunikationsmodellen bieten alternative Wege an, um bei der Arbeit im Tanz andere Kommunikationsformen zu etablieren,
die u.a. zur "mental health" beitragen können. Das vorgeschlagene Projekt suchte in der Beschäftigung mit diesen Modellen Ansätze, um daraus später mögliche Herangehensweisen zu entwickeln, die für Lehre und Arbeit mit Kolleg*innen angewendet werden können.
Als Tänzer und auch Schüler und Student der Medienkunst habe ich schon in der Ausbildung die Erfahrung gemacht, dass es oft auf die Lehrkraft ankam und - wie ich denke - fälschlicherweise angenommen, die Beziehungsebene entscheidend war, wie und ob ich lern(t)e und verstand. Ich fühlte mich verstanden.
Wie gehen die Institutionen damit um? Gibt es einen Wechsel? Woher kann dieser kommen? EMDR (Eye Movement Disentisisation Reprocessing) - ein Verfahren, das erlaubt, traumatische Erlebnisse im Jetzt zu verarbeiten. Das Verfahren, das anfangs belächelt wurde, hat sich als eines der effektivsten und hilfreichsten Behandlungsmethoden herausgestellt.
Es scheint, die Zeit ist reif, dass “Mental Health” nicht nur für Tänzer*innen, sondern für alle Beteiligten bei der (Tanz-)Ausbildung (Verwaltung und Dozent*innen eingeschlossen) Teil des daily business werden kann. Und es ist viel mehr als “mental health” - es ist die Möglichkeit, eines gesünderen Miteinanders.
STATUS DES PROJEKTS
Das Projekt wurde bei einer Recherche-Förderung eingereicht und nicht für eine Förderung ausgewählt. Sollte es eine Frage und Interesse an einem Austausch geben, oder eine Zusammenarbeit, gerne hier bei mir melden. Die Arbeit an dem Projekt ruht aktuell.
KONTEXT
1995
Während meiner Zeit als Schüler am Karls-Gymnasium Stuttgart verbrachte ich häufiger Zeit beim Rektor, wo ich aggressives und unfaires Verhalten verschiedener Lehrkräfte beanstandete.
2000
An der HfG Karlsruhe als Medienkunst Studierender war es wieder notwendig, diesmal mit Flugblättern und durch Kontaktaufnahme mit dem Ministerium in Stuttgart, auf die (für mich) fragwürdigen Vorgehensweisen hinzuwiesen, die sich unter dem neuen Rektor Sloterdijk vorfanden.
2003
An der Folkwang Hochschule erlebte ich teils grenzwertige Szenen als Studierender im Tanz, woraufhin ich mich an den Studiengangsleiter und später auch Rektor wendete.
2023
Aktuell erlebe ich immer wieder, wie im Umgang miteinander, an Ausbildungsinstitutionen, auch unter den Lehrenden ein Ton herrscht, der oft unproduktiv sein kann, wenn doch das Ziel ist, etwas gemeinsam zu erschaffen.
Wie wollen wir miteinander leben? Wenn die Ausbildung bereits konstruktiv gestaltet sein kann, geben wir an die folgenden Generationen Werkzeuge weiter, diese Gesellschaft so zu gestalten, dass wir Integration betreiben, Compassion zeigen, miteinander wachsen und lernen.
Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, zuerst an mir zu arbeiten und mich selbst zu ändern, zu wachsen.
IMPRESSIONEN
Das Konzept auf dem Foto ist entstanden während meiner Zeit als Studierender Bühnentanz an der Folkwang Hochschule Essen