284 steps
Tätigkeit
Konzept, Produktion, Leitung, Postproduktion
Projektzeitraum
2022 - 2023
Konzeption für einen Prototyp für ein hybrides Tanzstudio. Ein Ansatz, der Tanz mit digitaler Technik verschmelzt und die Art und Weise, wie professioneller, künstlerischer Bühnentanz dokumentiert, analysiert und geteilt wird, revolutionieren kann.
Projekthintergrund
Seit über zwanzig Jahren beschäftigt mich die Verbindung von Tanz und Technik – mein Ziel ist es, digitale Werkzeuge zu entwickeln, die das analoge Tanzschaffen unterstützen, ohne durch technische Hürden die künstlerische Arbeit zu behindern, besonders im Bereich der Multikamera-Dokumentation, die bisher eine endlose Baustelle darstellt.

Ich war früher (2001 - 2011) zeitgenössischer Tänzer. 2020 nahm ich während der ersten Phase der Corona-Pandemie fast täglich an einem Zoom-Ballett-Training teil. Oft erwähnte der Dozent 284 Schritte des klassischen Tanzes und dass diese heute kaum noch in dieser Vollständigkeit vermittelt werden. Daraus entstand die Idee, etwas zu entwickeln, um Wissen zu bewahren, das früher nur von Person zu Person übertragen wurde.

Eine von der Bühne abtretenden Generation von Vertreter:innen des Tanzes wird ihr Wissen mit ins Grab nehmen, da es kaum dokumentiert ist. Inwiefern kann dieses Wissen überleben, dass über Jahrhunderte von Person zu Person tradiertes Wissen (zumindest teilweise) vor dem Verschwinden gerettet wird?
Aber um systematisch die Grundlagen des klassischen Balletts zu lernen, braucht es die gemeinsame Arbeit im Studio. Es ist unmöglich, traditionelle Bewegungsabläufe und ihre präzise Vermittlung auf Video aufgezeichnet zu erlernen.
analog & digital
Grundprinzip für das Wechselspiel von Tanz und Technik: analoges Arbeiten durch digitale Tools so zu erweitern, ohne dass das Handling der Technik für die Tanzschaffenden zum Hindernis wird.
"Wie kann sowohl Lehrenden als auch Tänzer:innen nach dem Unterricht einen sofortigen Zugriff auf das mit Multikamera-Perspektiven aufgenommene Videomaterial ermöglicht, ohne dass eine Postproduktion (Filmschnitt) notwendig ist?"

Essentiell ist neben der Einfachheit der Bedienung die Stabilität und Flexibilität. Soft- und Hardware sind aufeinander abgestimmt und robust. Video- und Ton werden zentral zusammengeführt und gespeichert ohne Postproduktion. Kameras sind flexibel und individuell integrierbar.
Damit ist ein hybrider Tanzsaal realisierbar, der als Tanzstudio funktioniert und zeitgleich professionelle Aufnahmen, Streaming und Archivierung ermöglicht.

Der hybride Tanzraum
Kernfunktionen:
- Professionelles Live-Streaming mit Multikamera-Setup
- Automatische Synchronisation und Archivierung aller Kameraeinstellungen
- Intelligentes Datenmanagement mit automatischer Verschlagwortung
- Intuitive Bedienung ohne technische Vorkenntnisse
- Sofortige Datenausgabe via USB
- Langzeitarchivierung mit direktem Zugriff auf Multikamera-Material
Ein solcher zukunftsweisender hybrider Tanzsaal kann an Tanz-Orten in der ganzen Welt in die Praxis umgesetzt werden.
Die Entwicklung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem australischen Komponisten David William Pyke. Seine langjährige Erfahrung in der Aufnahme von Ballett und Orchesterwerken sorgte für eine Balance zwischen technischer Innovation und künstlerischen Anforderungen. Seine Expertise als Musiker floss in die Konzeption der Aufnahmeräume und deren akustische Gestaltung ein, um sowohl Bewegung als auch Musik präzise zu erfassen.
Wie ist ein solcher Raum aufgeteilt und ausgestattet?
In diesem Video wird die Umsetzung in der Praxis anschaulich anhand einer Raumsituation erklärt. Bewußt sind keine konkreten Kamerasysteme genannt. Diese werden ja nach Bedarf und Budget individuell geplant; die Zusammenarbeit mit Kunde, Bild- und Ton-Technik in Hinblick auf die gewünschte Anwendung ist essentiell.
Drei konkrete Nutzungsszenarien aus der Praxis
1. Hochschule - BA/MA Tanzpädagogik:
- Lisa gibt ihrer Anfängerklasse eine Ballettstunde zum Thema "Grundpositionen".
- Die Kamera zeichnet jeden ihrer Erklärungsschritte auf.
- Abends lädt sie das Video herunter und analysiert ihre Lehrmethodik.
- In der nächsten Supervisionsstunde bespricht sie die Aufnahme mit ihrem Professor.
2. Wettbewerbe und Aufführungen:
- Das Stadttheater probt "Schwanensee" mit zwei Besetzungen.
- Der erkrankte Solist schaut sich den Livestream der Probe von zuhause aus an.
- Die Aufnahme wird im internen System gespeichert.
- Als eine Tänzerin ausfällt, kann ihre Vertretung die Choreografie anhand des Videos lernen.
3. Archiv und Choreografie:
- Ein Gastchoreograf entwickelt ein neues Stück mit dem Ensemble.
- Jeder Probentag wird gefilmt und auf der geschützten Plattform hochgeladen.
- Die Tänzer können abends die neuen Sequenzen nacharbeiten.
- Jahre später nutzt das Theater die Aufnahmen für eine Wiederaufnahme.
Für Informationen zur Implementierung oder Kooperationsmöglichkeiten stehen wir interessierten Institutionen gerne zur Verfügung.
Team
Konzept, Regie, Produktion, Postproduktion - Pipo Tafel
Studio Pre-design - David W. Pyke
Kamera Zagreb - Lukas Nürnberg
Website Design - Agentur Maison Musitowski
Website Implementierung - Elmar Stolley
Produktionsdetails
- Vorproduktion: Juni - September 2021
- Produktion in den USA: Januar - Februar 2022
- Produktion Zagreb: Juli 2022
- Produktion Köln/Düsseldorf: Dezember 2021, September 2022 - Februar 2023
- 1. Öffentliche Präsentation: 9.7.2022, Zagreb Center for Contemporary Dance